Anlässlich des diesjährigen Welttages des Buches (23. April) startete der deutsche Buchhandelsriese Thalia gemeinsam mit dem österreichischen Selfpublishing-Anbieter story.one die Ausschreibung zum „Young Storyteller Award 2025". Dieser Literaturwettbewerb befürwortet in diesem Jahr „ausdrücklich den Einsatz von KI-Tools zur Erstellung von Texten und Illustrationen" – und zwar mit der ebenso lapidaren wie verharmlosenden Begründung: „Der Award ist offen für alle Kreativansätze, ob mit oder ohne KI". Das Netzwerk Autorenrechte und seine 15 Verbände aus dem gesamten deutschsprachigen Raum kritisieren die Bagatellisierung von Rechteverstößen und fordern Thalia und story.one auf, die Allgemeinen Geschäftsbedingungen zur Nutzung des Services von story.one sofort zu ändern oder ansonsten den Award einzustellen.
„Ganz besonderes Augenmerk verdienen die Allgemeinen Geschäftsbedingungen von story.one und speziell der § 7.11", weist Gerhard Ruiss, Geschäftsführer der österreichischen IG Autorinnen Autoren auf das Kleingedruckte zu einer jeden Einreichung von Texten bei dem Selfpublishing-Dienstleister story.one hin. „Darin ist nämlich ganz versteckt festgehalten, dass die eingereichten Texte sogar für das Training von KI-Modellen genutzt werden dürfen, während die Autorinnen und Autoren ihrerseits wie üblich dazu verpflichtet werden, dass ihre Inhalte keine Rechte von Dritten verletzen."
§ 7.11 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen zur Nutzung des Services: „Der Anbieter hat das Recht, abgedruckte Texte und/oder Grafiken für KI-Modelle zu verwenden."
„Mit dieser Klausel entledigen sich junge Autorinnen und Autoren, an die sich der Young Storyteller Award richtet, meist völlig unbemerkt ihrer exklusiven Rechte", warnt der Vorstandssprecher des deutschen Bundesverbands junger Autorinnen und Autoren (BVjA) und Rechtsanwalt Tobias Kiwitt. „Diese Ausschreibung ist ein Schlag in das Gesicht aller jungen Autorinnen und Autoren, die dazu aufgefordert werden, eigene Texte zum Training in die KI-Modelle des Preisveranstalters sogar schon mit der einfachen Einreichung der Texte einzubringen, ohne dass die Awardteilnehmer im Zweifel dafür entlohnt werden." Der Award sieht nur Geldpreise für die ersten drei Preisträger vor (1. Preis: 7.000 EUR, 2. Preis: 3.000 EUR, 3. Preis: 2.000 EUR).
Es ist nicht nur schädlich, sondern auch äußerst kurzsichtig und noch dazu sehr bitter, wenn uns gerade jene beim Kampf um unsere Rechte in den Rücken fallen, die eigentlich mit den Urhebern im selben Boot sitzen: Buchhändler:innen und Publishingdistributoren. Das Netzwerk Autorenrechte tritt für die Kreativrechte aller ein. Wir engagieren uns dafür, dass menschliche Urheber:innen – ob sie schreiben, übersetzen, illustrieren oder Hörbücher einsprechen, und ja, auch die Menschen in den Verlagen und Buchhandlungen, Bücher von menschlichen Schöpfer:innen auf den Markt bringen, und zwar zu fairen Bedingungen mit angemessenen Vergütungen und fairen Erträgen für alle Beteiligten.
Über die von vornherein stattfindende Einräumung der Rechte ist auch Marah Woolf, Vorsitzende der Vereinigung deutschsprachiger Liebesroman-Autoren und -Autorinnen (DELIA) schockiert und ergänzt: „Ich bin empört über die Behauptung im Ausschreibungstext der Veranstalter, dass heute fast kein Autor mehr ohne KI arbeiten würde."
Das Argument der Veranstalter, dass die Nutzung von KI ohnehin nicht überprüfbar wäre, „täuscht darüber hinweg, dass ein Veranstalter sehr wohl die Verwendung von KI-Modellen für einen Award untersagen kann. Doch noch schwerwiegender ist, dass Autorinnen und Autoren sich sogar ihrer eigenen exklusiven Rechte auf KI-Nutzung zu Gunsten der Preisveranstalter entledigen lassen sollen."
„Wer die Entwicklungen auf dem KI-Sektor aufmerksam beobachtet, bemerkt seit Längerem, dass die Verlags- und Buchwelt mit den Verlockungen von rein oder mittelbar künstlich erzeugten Texten durchaus liebäugelt", so Werner Richter vom Forum Literaturübersetzen Österreich. Insoweit verwundert der Tabubruch von story.one und Thalia nur auf den ersten Blick. „Wobei das Verführerische wohl weniger in der erwarteten besseren Qualität des Endergebnisses als vielmehr in der erhofften Kostensenkung und Zeitersparnis liegt. So droht der Verlags- und Buchbranche die große Gefahr, sich über den KI-Hype empfindlich bis unrettbar selbst zu beschädigen."
Was die Frage der Übersetzung angeht, so zeichnet sich das story.one-Projekt nach Ansicht des Netzwerk Autorenrechte durch besondere Geringschätzung der Literatur aus, denn zunächst wird auf die „Möglichkeit einer automatischen Übersetzung von Texten unter Zuhilfenahme von API's wie bspw. DeepL oder Open AI" verwiesen, und am Ende der AGB sollen Autorinnen und Autoren sämtliche Übersetzungsrechte an story.one übertragen, was zudem im Selfpublishingbereich völlig unüblich ist.
„Im Selfpublisher-Verband kämpfen wir seit Jahren Seite an Seite mit den Distributoren, Buchhandelspartnern und natürlich unseren Autor:innen für eine breitere Anerkennung des professionell und unternehmerisch betriebenen Selfpublishings", so die Vorstandsvorsitzende des Selfpublisher-Verbands, Tanja Wilts. „Wir pflegen langjährige enge Partnerschaften mit wichtigen Unternehmen in der Branche. Doch dass die Autorenschaft nun aufgefordert wird, nicht nur ihr Können infrage zu stellen, sondern sich selbst ins Fleisch zu schneiden, bedauern wir außerordentlich."
„Die KI-Verharmlosung durch story.one besteht darin, dass KI seit Jahren Werke von Kreativem stiehlt. Dies gipfelt sogar darin, dass sich Meta, wie mittlerweile bekannt ist, an 7,5 Millionen Buchwerken über die Piraterieseite Library Genesis für sein Sprachmodell bedient hat und immer weiter Urheberrechte ignoriert", so Schriftstellerin Monika Pfundmeier, Beirätin des SYNDIKAT e.V. und Boardmitglied des European Writers Council (EWC) zu dem schamlosen Rechteklau.
Dorrit Bartel von den 42erAutoren sowie Vorsitzende des Fördervereins Buch ergänzt: „Zu suggerieren, Produkte aus den Plagiatsmaschinen seien dem unabhängigen kreativen menschlichen Geist auch nur ansatzweise ähnlich, ist ein Signal der Verachtung gegenüber allen autonom schöpferischen Schriftstellern, die über Jahre hinweg an Stil, Ausdruck und Qualität arbeiten. Es ist auch ein Vertrauensverrat an allen Leserinnen, die sich bisher darauf verlassen haben, dass Menschen Bücher für Menschen schreiben. Das ist aktive Täuschung und fällt negativ auf die gesamte Branche zurück."
Die Verbände des Netzwerk Autorenrechte fordern story.one und Thalia auf, die Allgemeinen Geschäftsbedingungen für Einreichungen von Texten (namentlich § 7.11) auf der Plattform zu ändern bzw. zu streichen oder die Ausschreibung des „Young Storyteller Award" für das Jahr 2025 zurückzuziehen.
Kontakt für die Presse
Dorrit Bartel, Koordinatorin,Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.
Über uns. Das Netzwerk Autorenrechte (NAR) repräsentiert 15 Autor:innen- und Übersetzer:innen-Verbände aus Deutschland, Österreich sowie der Schweiz und damit 16.500 professionelle Urheber:innen des Buchsektors.
Netzwerk Autorenrechte
www.netzwerk-autorenrechte.de
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V.i.S.d.P. Nina George
Koordination: Dorrit Bartel
c/o Dorrit Bartel, Monumentenstraße 39, 10829 Berlin
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„Ganz besonderes Augenmerk verdienen die Allgemeinen Geschäftsbedingungen von story.one und speziell der § 7.11", weist Gerhard Ruiss, Geschäftsführer der österreichischen IG Autorinnen Autoren auf das Kleingedruckte zu einer jeden Einreichung von Texten bei dem Selfpublishing-Dienstleister story.one hin. „Darin ist nämlich ganz versteckt festgehalten, dass die eingereichten Texte sogar für das Training von KI-Modellen genutzt werden dürfen, während die Autorinnen und Autoren ihrerseits wie üblich dazu verpflichtet werden, dass ihre Inhalte keine Rechte von Dritten verletzen."
§ 7.11 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen zur Nutzung des Services: „Der Anbieter hat das Recht, abgedruckte Texte und/oder Grafiken für KI-Modelle zu verwenden."
„Mit dieser Klausel entledigen sich junge Autorinnen und Autoren, an die sich der Young Storyteller Award richtet, meist völlig unbemerkt ihrer exklusiven Rechte", warnt der Vorstandssprecher des deutschen Bundesverbands junger Autorinnen und Autoren (BVjA) und Rechtsanwalt Tobias Kiwitt. „Diese Ausschreibung ist ein Schlag in das Gesicht aller jungen Autorinnen und Autoren, die dazu aufgefordert werden, eigene Texte zum Training in die KI-Modelle des Preisveranstalters sogar schon mit der einfachen Einreichung der Texte einzubringen, ohne dass die Awardteilnehmer im Zweifel dafür entlohnt werden." Der Award sieht nur Geldpreise für die ersten drei Preisträger vor (1. Preis: 7.000 EUR, 2. Preis: 3.000 EUR, 3. Preis: 2.000 EUR).
Es ist nicht nur schädlich, sondern auch äußerst kurzsichtig und noch dazu sehr bitter, wenn uns gerade jene beim Kampf um unsere Rechte in den Rücken fallen, die eigentlich mit den Urhebern im selben Boot sitzen: Buchhändler:innen und Publishingdistributoren. Das Netzwerk Autorenrechte tritt für die Kreativrechte aller ein. Wir engagieren uns dafür, dass menschliche Urheber:innen – ob sie schreiben, übersetzen, illustrieren oder Hörbücher einsprechen, und ja, auch die Menschen in den Verlagen und Buchhandlungen, Bücher von menschlichen Schöpfer:innen auf den Markt bringen, und zwar zu fairen Bedingungen mit angemessenen Vergütungen und fairen Erträgen für alle Beteiligten.
Über die von vornherein stattfindende Einräumung der Rechte ist auch Marah Woolf, Vorsitzende der Vereinigung deutschsprachiger Liebesroman-Autoren und -Autorinnen (DELIA) schockiert und ergänzt: „Ich bin empört über die Behauptung im Ausschreibungstext der Veranstalter, dass heute fast kein Autor mehr ohne KI arbeiten würde."
Das Argument der Veranstalter, dass die Nutzung von KI ohnehin nicht überprüfbar wäre, „täuscht darüber hinweg, dass ein Veranstalter sehr wohl die Verwendung von KI-Modellen für einen Award untersagen kann. Doch noch schwerwiegender ist, dass Autorinnen und Autoren sich sogar ihrer eigenen exklusiven Rechte auf KI-Nutzung zu Gunsten der Preisveranstalter entledigen lassen sollen."
„Wer die Entwicklungen auf dem KI-Sektor aufmerksam beobachtet, bemerkt seit Längerem, dass die Verlags- und Buchwelt mit den Verlockungen von rein oder mittelbar künstlich erzeugten Texten durchaus liebäugelt", so Werner Richter vom Forum Literaturübersetzen Österreich. Insoweit verwundert der Tabubruch von story.one und Thalia nur auf den ersten Blick. „Wobei das Verführerische wohl weniger in der erwarteten besseren Qualität des Endergebnisses als vielmehr in der erhofften Kostensenkung und Zeitersparnis liegt. So droht der Verlags- und Buchbranche die große Gefahr, sich über den KI-Hype empfindlich bis unrettbar selbst zu beschädigen."
Was die Frage der Übersetzung angeht, so zeichnet sich das story.one-Projekt nach Ansicht des Netzwerk Autorenrechte durch besondere Geringschätzung der Literatur aus, denn zunächst wird auf die „Möglichkeit einer automatischen Übersetzung von Texten unter Zuhilfenahme von API's wie bspw. DeepL oder Open AI" verwiesen, und am Ende der AGB sollen Autorinnen und Autoren sämtliche Übersetzungsrechte an story.one übertragen, was zudem im Selfpublishingbereich völlig unüblich ist.
„Im Selfpublisher-Verband kämpfen wir seit Jahren Seite an Seite mit den Distributoren, Buchhandelspartnern und natürlich unseren Autor:innen für eine breitere Anerkennung des professionell und unternehmerisch betriebenen Selfpublishings", so die Vorstandsvorsitzende des Selfpublisher-Verbands, Tanja Wilts. „Wir pflegen langjährige enge Partnerschaften mit wichtigen Unternehmen in der Branche. Doch dass die Autorenschaft nun aufgefordert wird, nicht nur ihr Können infrage zu stellen, sondern sich selbst ins Fleisch zu schneiden, bedauern wir außerordentlich."
„Die KI-Verharmlosung durch story.one besteht darin, dass KI seit Jahren Werke von Kreativem stiehlt. Dies gipfelt sogar darin, dass sich Meta, wie mittlerweile bekannt ist, an 7,5 Millionen Buchwerken über die Piraterieseite Library Genesis für sein Sprachmodell bedient hat und immer weiter Urheberrechte ignoriert", so Schriftstellerin Monika Pfundmeier, Beirätin des SYNDIKAT e.V. und Boardmitglied des European Writers Council (EWC) zu dem schamlosen Rechteklau.
Dorrit Bartel von den 42erAutoren sowie Vorsitzende des Fördervereins Buch ergänzt: „Zu suggerieren, Produkte aus den Plagiatsmaschinen seien dem unabhängigen kreativen menschlichen Geist auch nur ansatzweise ähnlich, ist ein Signal der Verachtung gegenüber allen autonom schöpferischen Schriftstellern, die über Jahre hinweg an Stil, Ausdruck und Qualität arbeiten. Es ist auch ein Vertrauensverrat an allen Leserinnen, die sich bisher darauf verlassen haben, dass Menschen Bücher für Menschen schreiben. Das ist aktive Täuschung und fällt negativ auf die gesamte Branche zurück."
Die Verbände des Netzwerk Autorenrechte fordern story.one und Thalia auf, die Allgemeinen Geschäftsbedingungen für Einreichungen von Texten (namentlich § 7.11) auf der Plattform zu ändern bzw. zu streichen oder die Ausschreibung des „Young Storyteller Award" für das Jahr 2025 zurückzuziehen.
Kontakt für die Presse
Dorrit Bartel, Koordinatorin,
Über uns. Das Netzwerk Autorenrechte (NAR) repräsentiert 15 Autor:innen- und Übersetzer:innen-Verbände aus Deutschland, Österreich sowie der Schweiz und damit 16.500 professionelle Urheber:innen des Buchsektors.
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